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Ahndung
von Zuwiderhandlungen gegen die Niedersächsische Verordnung zum Schutz vor
Neuinfektionen mit dem Corona-Virus
RdErl. d. MS v. 24. 4. 2020 - 401-41609-11-3 (Nds.
MBl. Nr. 19/2020 S. 483) - VORIS 21067 -
- Im Einvernehmen mit dem MI
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1. Ahndung, Bußgeldkatalog
Zuwiderhandlungen gegen die Niedersächsische Verordnung zum Schutz vor Neuinfektionen mit dem Corona-Virus (im Folgenden: Verordnung) vom 17. 4. 2020 (Nds. GVBl. S. 74), zuletzt geändert durch Artikel 2 der Verordnung vom 24. 4. 2020 (Nds. GVBl. S. 84), sind als Ordnungswidrigkeiten nach § 73 Abs. 1 a Nr. 24 i. V. m. § 32 IfSG wie folgt zu ahnden:
Lfd. Nr. | Rechtsgrundlage | Zuwiderhandlung | Adressat des Bußgeldbescheides | Regel- oder Rahmensatz in EUR |
1 | § 1 Abs. 1 | Missachtung des Gebots der Reduzierung physischer Kontakte | jede beteiligte Person | 50 bis 400 |
2 | § 1 Abs. 3 | Betrieb einer der genannten Einrichtungen | Betriebsinhaberin, Betriebsinhaber, Geschäftsführung | 3000 bis 10000 |
3 | § 1 Abs. 3 | Besuch einer der genannten Einrichtungen | jede beteiligte Person | 150 bis 400 |
4 | § 1 Abs. 4 Sätze 1 und 2 | Betrieb einer der genannten Beherbergungsstätten zu touristischen Zwecken | Betriebsinhaberin, Betriebsinhaber, Geschäftsführung | 3000 bis 10000 |
5 | § 1 Abs. 5 Satz 1 Nrn. 1 und 3 | Missachtung des Verbots einer der genannten Zusammenkünfte | Veranlasserin, Veranlasser | 1000 bis 5000 |
6 | § 1 Abs. 5 Satz 1 Nrn. 1 und 3 | Missachtung des Verbots einer der genannten Zusammenkünfte | jede beteiligte Person | 150 bis 400 |
7 | § 1 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 | Missachtung des Verbots eines kurzfristigen Aufenthalts | jede beteiligte Person | 150 bis 400 |
8 | § 1 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 | Durchführung einer öffentlichen Veranstaltung | Veranlasserin, Veranlasser | 1000 bis 5000 |
9 | § 1 Abs. 5 Satz 2 i. V. m. Satz 1 Nr. 4 | Besuch einer öffentlichen Veranstaltung | jede beteiligte Person | 150 bis 400 |
10 | § 1 Abs. 6 | Durchführung einer Großveranstaltung | Veranlasserin, Veranlasser | 3000 bis 10000 |
11 | § 1 Abs. 6 | Besuch einer Großveranstaltung | jede beteiligte Person | 150 bis 400 |
12 | § 2 Abs. 2 Sätze 1 und 2 | Nichteinhaltung des Mindestabstandes | jede beteiligte Person | 150 |
13 | § 2 Abs. 3 | Missachtung der Beschränkung auf zwei Personen oder des Abstandsgebots | jede beteiligte Person | 200 bis 400 |
14 | § 2 a Abs. 1 Satz 1 | Besuch oder Betreten zu anderen Zwecken als zur Heilung und Pflege | Person, welche die genannte Einrichtung betritt | 200 bis 400 |
15 | § 2 a Abs. 2 Satz 1 | Besuch oder Betreten zu anderen Zwecken als zur Heilung und Pflege | Person, welche die genannte Einrichtung betritt | 200 bis 400 |
16 | § 2 a Abs. 3 Satz 1 | Betrieb von Einrichtungen der Tagespflege | Betriebsinhaberin, Betriebsinhaber, Geschäftsführung | 1000 bis 3000 |
17 | § 2 a Abs. 3 | Wahrnehmung der Notbetreuung ohne Vorliegen der Voraussetzungen | Personensorgeberechtigte Person | 200 bis 400 |
18 | § 2 b Abs. 1 | Aufnahme neuer Bewohnerinnen und Bewohner | Betriebsinhaberin, Betriebsinhaber, Geschäftsführung | 1000 bis 3000 |
19 | § 2 b Abs. 2 Satz 1 | Besuch oder Betreten zu anderen Zwecken als zur Heilung und Pflege | Person, welche die genannte Einrichtung betritt | 200 bis 400 |
20 | § 5 Abs. 1 Sätze 1 und 4 | Generelle Missachtung des Absonderungsgebots in häusliche Quarantäne nach Einreise aus dem Ausland | ein- oder rückreisende Person | 500 bis 10000 |
21 | § 5 Abs. 1 Satz 2 | Missachtung der direkten Fahrt zur Wohnung oder Unterkunft oder des Aufenthaltsgebots | ein- oder rückreisende Person | 150 bis 3000 |
22 | § 5 Abs. 1 Satz 3 | Empfang von Besuch durch Personen, die nicht zum Hausstand gehören | ein- oder rückreisende Person | 300 bis 5000 |
23 | § 5 Abs. 2 Satz 1 | Fehlende Kontaktaufnahme mit der zuständigen Behörde | ein- oder rückreisende Person | 150 bis 2000 |
24 | § 5 Abs. 4 Satz 3 i. V. m. Satz 2 | Unrichtige oder fehlende schriftliche Bestätigung | Einrichtungsleitung | 2000 bis 10000 |
25 | § 5 Abs. 4 Satz 3 | Nichtmitführen einer schriftlichen Bestätigung | ein- oder ausreisende Person | 150 |
26 | § 5 Abs. 5 Satz 2 | Nichtanzeige der Arbeitsaufnahme bei der zuständigen Behörde oder fehlende Dokumentation der ergriffenen Maßnahmen | Arbeitgeberin, Arbeitgeber | 5000 bis 10000 |
27 | § 5 Abs. 6 Satz 2 | Nichtverlassen des Landes auf unmittelbarem Weg | ein- oder rückreisende Person | 150 bis 3000 |
28 | § 6 Abs. 1 Satz 1 | Betrieb von Restaurationsbetrieben | Betriebsinhaberin, Betriebsinhaber, Geschäftsführung | 4000 bis 10000 |
29 | § 6 Abs. 1 Satz 2 | Besuch von Restaurationsbetrieben j | ede beteiligte Person | 150 |
30 | § 6 Abs. 2 | Fehlende Sicherstellung des Mindestabstandes | Betriebsinhaberin, Betriebsinhaber, Geschäftsführung | 1000 bis 3000 |
31 | § 6 Abs. 3 | Missachtung des Mindestabstandes beim Verzehr von Speisen oder Getränken | jede beteiligte Person | 150 |
32 | § 6 Abs. 4 | Fehlende Sicherstellung des Mindestabstandes | Betriebsinhaberin, Betriebsinhaber, Geschäftsführung | 1000 bis 3000 |
33 | § 6 Abs. 5 | Fehlende Hygienevorkehrungen oder Unterschreitung des Mindestabstandes | Betriebsinhaberin, Betriebsinhaber, Geschäftsführung | 1000 bis 3000 |
34 | § 7 Abs. 2 | Erbringen untersagter Dienstleistungen | Betriebsinhaberin, Betriebsinhaber, Geschäftsführung, Dienstleisterin, Dienstleister | 2000 bis 5000 |
35 | § 7 a | Missachtung des Verbots der Beförderung von Personen | Dienstleisterin, Dienstleister der Beförderung | 500 bis 1000 |
36 | § 8 Abs. 1 | Fehlende Sicherstellung der Abstandsregelungen oder fehlende Zutritts- oder Hygienevorkehrungen | Betriebsinhaberin, Betriebsinhaber, Geschäftsführung | 1000 bis 3000 |
37 | § 8 Abs. 2 | a) Fehlende oder mangelhafte
Zutrittsvorkehrungen an Haupteingängen oder fehlende Sicherstellung der
Abstandsregelungen; b) Angebot von Speisen und Getränken zum Verzehr vor Ort |
Betriebsinhaberin, Betriebsinhaber, Geschäftsführung | 1000 bis 3000 |
38 | § 10 Abs. 3 | Fehlende oder mangelhafte Sicherstellung, Einhaltung oder Überprüfung der Hygieneregeln | Betriebsinhaberin, Betriebsinhaber, Geschäftsführung | 1000 bis 3000 |
39 | § 10 a Abs. 1 | Missachtung des Betretungsverbots | Träger der Einrichtung | 1000 bis 3000 |
40 | § 10 a Abs. 1 | Missachtung des Betretungsverbots | Personensorgeberechtigte Person | 150 |
41 | § 10 a Abs. 3 | Fehlende Sicherstellung der Abstands- oder Hygieneregelungen | Träger der Einrichtung | 1000 bis 3000 |
2. Ordnungswidrigkeiten
Ordnungswidrig i. S. des § 73 Abs. 1 a Nr. 6 i. V. m. § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG handelt auch, wer vorsätzlich oder gegen eine andere, nicht in Nummer 1 genannte weitergehende Anordnung der nach § 28 Abs. 1 IfSG zuständigen Behörden verstößt. Die Vollziehbarkeit solcher Anordnungen besteht unmittelbar kraft Gesetzes (§ 28 Abs. 3 i. V. m. § 16 Abs. 8 IfSG). Soweit generelle Betretungsverbote für bestimmte öffentliche Orte i. S. des § 28 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 IfSG oder generelle Untersagungen bestimmter Verhaltensweisen im öffentlichen Raum nach § 11 der Verordnung betroffen sind, sind Verstöße mit einer Geldbuße in Höhe von 150 bis 300 EUR zu ahnden. Der Bußgeldkatalog kann auch bei Zuwiderhandlungen gegen weitere Anordnungen des Landes oder der Kommunen anlässlich der Corona-Pandemie angewendet werden, wenn diese der Verordnung nicht widersprechen. Dies gilt auch für bereits ergangene Anordnungen, soweit das Bußgeldverfahren noch nicht abgeschlossen ist.
3. Bemessung des Bußgeldes
Der Bußgeldkatalog nach Nummer 1 nennt Regel- oder Rahmensätze für die Bußgeldhöhe für die wesentlichen Verstöße gegen die genannten Normen, um einen einheitlichen Vollzug bei der Verfolgung und Ahndung dieser Verstöße zu erreichen.
Sofern ein Rahmensatz vorgesehen ist, erfolgt die Festlegung des konkreten Bußgeldes nach pflichtgemäßem Ermessen der zuständigen Verwaltungsbehörde. Hierbei sind u. a. zu berücksichtigen
Die in Nummer 1 genannten Regel- und Rahmensätze gelten für die erstmalige Verhängung eines Bußgeldes und sind bei Folgeverstößen oder mehrmaligen Verstößen jeweils zu verdoppeln, ohne dass dabei die Grenze von 25 000 EUR gemäß § 73 Abs. 2 IfSG überschritten werden darf. In den Fällen des § 1 Abs. 3 und 4 sowie der §§ 5 bis 9 der Verordnung kann im Wiederholungsfall eine Geldbuße von bis zu 25 000 EUR festgesetzt werden.
Bei Fahrlässigkeit kann der Regel- oder Rahmensatz halbiert werden.
Verletzt dieselbe Handlung (aktives Tun oder Unterlassen) mehrere Tatbestände oder einen Tatbestand mehrmals (sog. Tateinheit, § 19 OWiG), so ist nur ein Bußgeld festzusetzen und das Bußgeld angemessen zu erhöhen, wobei die Summe der Regelsätze oder der Höchstbetrag bei Rahmensätzen nicht erreicht und die Grenze von 25 000 EUR gemäß § 73 Abs. 2 IfSG nicht überschritten werden darf.
Werden durch mehrere rechtlich selbständige Handlungen (aktives Tun oder Unterlassen) mehrere Tatbestände oder ein Tatbestand mehrmals verletzt (sog. Tatmehrheit, § 20 OWiG), so sind die Regelsätze jeweils zu addieren, ohne dass dabei die Grenze von 25 000 EUR gemäß § 73 Abs. 2 IfSG überschritten wird.
Die Möglichkeit, neben dem Bußgeld gegen eine Individualperson nach den §§ 30 und 130 OWiG zusätzlich auch ein Unternehmen - d. h. eine juristische Person oder eine rechtsfähige Personenvereinigung - mit einem Bußgeld zu belegen, wenn die juristische Person oder die Personenvereinigung durch den Verstoß gegen die Verordnung bereichert worden ist oder werden sollte, bleibt unberührt. Die Geldbuße soll in diesen Fällen den wirtschaftlichen Vorteil, den die Täterin oder der Täter aus der Ordnungswidrigkeit gezogen hat, übersteigen (§ 30 Abs. 3 i. V. m. § 17 Abs. 4 OWiG).
Zur Vermögensabschöpfung kann auch eine Einziehung des Wertes von Taterträgen nach den Voraussetzungen des § 29 a OWiG erfolgen.
4. Abgrenzung zum Strafrecht
Eine Straftat liegt insbesondere in den Fällen des § 75 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. § 28 Abs. 1 Satz 2 IfSG vor, wenn zusätzlich eine vollziehbare Anordnung der zuständigen Behörden nach dem IfSG, den Verstoß zu beenden, missachtet wird.
Ist eine Handlung gleichzeitig Straftat und Ordnungswidrigkeit, so wird sie als Straftat behandelt, es sei denn, eine Strafe wird nicht verhängt (§ 21 OWiG). Daher erfolgt in diesen Fällen zunächst eine Abgabe an die Strafverfolgungsbehörde (Staatsanwaltschaft).
5. Schlussbestimmungen
Dieser RdErl. tritt am 27.4.2020 in Kraft und mit Ablauf des 31.12.2022 außer Kraft.
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