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Europabildung in der Schule
Empfehlung der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland
Beschluss d. KMK vom 8.6.1978 i.d.F. vom 5.5.2008 (Webseite kmk.org)

Gliederung
0. Vorbemerkung
1. Europa heute: die politische Ausgangslage
2. Europäisches Bewusstsein als pädagogischer Auftrag
3. Umsetzung der Bildung eines Europäischen Bewusstseins in der Schule
4. Empfehlungen zur Weiterentwicklung

Vorbemerkung

Aktualisierung der Empfehlung vom 08.06.1978

Die Kultusministerkonferenz hat mit ihrer Empfehlung über „Europa im Unterricht" vom 8. Juni 1978 erstmals die Elemente und Leitlinien des europäischen Bildungsauftrages der Schule dargelegt. Vor dem Hintergrund der Entwicklungen in Europa wurde diese Empfehlung 1990 neu gefasst.

Weiterentwicklung

Die Ausweitung der Zusammenarbeit der Staaten in Europa und die Vertiefung der europäischen Integration im Rahmen der Europäischen Union sowie die Einrichtung der europäischen Bildungsprogramme sind für die Kultusministerkonferenz Anlass, ihre Empfehlung von 1978 i.d.F. von 1990 auch mit Blick auf die pädagogische Weiterentwicklung fortzuschreiben.

1. Europa heute: die politische Ausgangslage

Europa im 20. Jahrhundert

Europa ist mehr als ein geographischer Begriff. Die europäische Dimension umschließt in all ihrer Vielfalt auch ein gemeinsames historisches Erbe und eine gemeinsame kulturelle Tradition. Die leidvollen Erfahrungen zweier Weltkriege sowie die divergenten Entwicklungen in West- und in Osteuropa seit 1945 haben den Europäern Anlass gegeben, sich auf ihre gemeinsamen Grundlagen zu besinnen und im Bewusstsein ihrer Zusammengehörigkeit neue Wege der Zusammenarbeit und Einigung, zu beschreiten, nicht zuletzt um Voraussetzungen für einen dauerhaften Frieden in Europa zu schaffen.

Europa in der Welt

Zwischenzeitlich hat sich Europas Bedeutung in der Welt deutlich erhöht: Europa steht heute in vielfältigen Beziehungen zu allen anderen Teilen der Welt. Insbesondere die internationalen wirtschaftlichen Verflechtungen und Abhängigkeiten erfordern weltweite Zusammenarbeit und friedlichen Interessenausgleich. Doch auch weitere globale Herausforderungen wie Belange des Ressourcen- und Umweltschutzes, der Migration sowie der Bekämpfung von Armut erfordern ein Engagement der europäischen Staaten auch weit über ihre Grenzen hinaus.

Wichtige europäische Institutionen

Die Dynamik dieses Prozesses kommt maßgeblich zum Ausdruck in der Aufbauleistung, die mit den Organisationen des Europarates und der Europäischen Union begründet worden ist.

Europarat

Der Europarat wurde am 5.Mai 1949 gegründet, um in ganz Europa gemeinsame demokratische Prinzipien zu entwickeln. Wichtigste Ziele des Europarats sind der Schutz der Menschenrechte, der parlamentarischen Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit sowie die Suche nach gemeinsamen Lösungen gegen die Diskriminierung von Minderheiten, gegen Fremdenfeindlichkeit, Intoleranz und Gewalt.

Seit seinem Bestehen hat der Europarat die Länder in einschlägigen Bereichen des Bildungswesens nachhaltig unterstützt (u.a. lebenslanges Lernen, Fremdsprachen, Geschichtsunterricht).

Besondere Verdienste hat er sich seit 1997 auch auf dem Gebiet der Demokratie- und Menschenrechtserziehung durch das große interdisziplinäre Projekt "Education for Democratic Citizenship and Human Rights (EDC/HRE)" erworben.

Europäische Union

Die Europäische Union hat sich seit den Römischen Ver trägen von 1957 bis hin zum Vertrag über die Arbeitsweise der Union von 2007 („Lissabonner Vertrag“) zum Ziel gesetzt, durch die Errichtung eines Gemeinsamen Binnenmarktes, einer gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik sowie der schrittweisen Annäherung in der Rechts-, Wirtschafts- und Sozialpolitik der Mitgliedstaaten eine angeglichene Entwicklung der Lebensverhältnisse innerhalb der Gemeinschaft herbeizuführen. In dieser Perspektive liegt ein gemeinsames „Haus Europa“, in dem sich alle Staaten und Völker in freier Selbstbestimmung einrichten.

Institutionen der Europäischen Union

Die Europäische Union ist ein Zusammenschluss von Staaten auf vertraglicher Grundlage mit einem festen institutionellen Gefüge. Dazu gehören der Europäische Rat, die Europäische Kommission, das Europäische Parlament, der Europäische Gerichtshof, der Ausschuss der Regionen, die Europäische Zentralbank u.a.

Maastricht und Lissabon: Bildung in Europa

Mit dem Vertragswerk von Maastricht (1992) wurden innerhalb der Europäischen Union erstmals die Handlungsfelder „Bildung“ und „Kultur“ benannt. Zudem formulierte der Europäische Rat in der Lissabon-Strategie 2000 das Ziel, die Europäische Union zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt zu machen. Die Bildungsminister der Europäischen Union haben dem in ihrem Arbeitsprogramm „Bildung und Ausbildung 2010“ Rechnung getragen. Auf dieser Grundlage gibt es viele Initiativen, die auf die Anerkennung von Bildungsabschlüssen in Europa, die Chancengerechtigkeit beim Zugang zu Bildung, die Erhöhung der Mobilität und die Sicherung der Qualität der Bildung gerichtet sind.

Europa der Regionen

Mit der fortschreitenden europäischen Integration haben die Mitgliedstaaten in den letzten Jahren zunehmend nationalstaatliche Kompetenzen auf die Europäische Union übertragen. Damit ist die Bedeutung der Regionen – in der Bundesrepublik Deutschland der Länder und der Kommunen – als eigenständige Akteure in der Europäischen Union gestiegen. Den Regionen Europas kommt in einem Europa der Bürgernähe und der grenzüberschreitenden Kooperation nicht nur im Bereich der Bildung eine herausgehobene Bedeutung zu. Sie vertreten ihre Interessen selbstbewusst und effizient, so zum Beispiel im Ausschuss der Regionen, dem Vertreter der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften aus allen EU-Staaten angehören.

Für ein solches „Europa der Regionen" haben sich auch die Ministerpräsidenten der Länder immer wieder ausgesprochen.

Europa der Bürgerinnen und Bürger

Der Kreis der Mitgliedstaaten von Europarat und Europäischer Union ist seit ihrem Bestehen stetig erweitert worden, Im Rahmen der neu geschaffenen Strukturen sind zwischen den Völkern und Staaten in Europa ebenso wie zwischen den einzelnen Menschen und sozialen Gruppen vielfältige Bindungen und Verbindungen entstanden. Sie haben dazu geführt, dass die Bürgerinnen und Bürger Europa immer mehr als den gemeinsamen Raum erfahren und verstehen, in dem sich in Politik und Gesellschaft, in Wirtschaft und Wissenschaft, Bildung und Kultur für sie wesentliche Entwicklungen vollziehen und den sie gemeinsam gestalten und bewahren müssen. Die Einführung des Euro in immer mehr europäischen Staaten ist ein sichtbares Zeichen dieser Entwicklung.

KSZE / OSZE

In der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) sowie in ihrer Nachfolgeinstitution, der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), findet ein umfassender Dialog über Fragen der Menschenrechte, der Minderheiten, des Informations- und Meinungsaustausches, der sicherheitspolitischen Vertrauensbildung und der Abrüstung statt und ergänzt damit die Ziele der anderen europäischen Institutionen.

Toleranz, Solidarität und Tradition

Das Zusammenwachsen Europas fordert die Europäer dazu auf, ihre jeweilige nationale Geschichte und Tradition in neuem Licht zu sehen, sich der Perspektive anderer zu öffnen, wertgebundene Toleranz und Solidarität zu üben und das Zusammenleben mit Menschen anderer Sprachen und verschiedener kultureller Gewohnheiten zu praktizieren. Damit übernehmen sie Verantwortung für Freiheit, Frieden, Gerechtigkeit und sozialen Ausgleich in Europa und in der Welt.

2. Europäisches Bewusstsein als pädagogischer Auftrag

Europa als Aufgabe

Die Schule hat die Aufgabe, die Annäherung der europäischen Völker und Staaten und die Neuordnung ihrer Beziehungen bewusst zu machen. Sie soll dazu beitragen, dass in der heranwachsenden Generation ein Bewusstsein europäischer Zusammengehörigkeit entsteht und Verständnis dafür entwickelt wird, dass in vielen Bereichen unseres Lebens europäische Bezüge wirksam sind und europäische Entscheidungen verlangt werden. Die Schule hat zudem die Aufgabe, Respekt vor und Interesse an der Vielfalt der Sprachen und Kulturen zu wecken und auszubauen.

Europaorientierte Kompetenzen

Um diese Dimension in Bildung und Erziehung zu verwirklichen, muss die Schule Kompetenzen vermitteln, die zu einem gelingenden Leben in Europa befähigen. Die Grundwerte des staatlichen, gesellschaftlichen und individuellen Lebens, an denen sich die Unterrichts- und Erziehungsziele der Schule orientieren, müssen in ihrer Beziehung zum Leben in der europäischen Völker- und Staatengemeinschaft gesehen werden. Dabei geht es um folgende Kompetenzen und Einstellungen:

- die Bereitschaft zur Verständigung, zum Abbau von Vorurteilen und zur Anerkennung des Gemeinsamen unter gleichzeitiger Bejahung der europäischen Vielfalt;
- eine kulturübergreifende Aufgeschlossenheit, die die eigene kulturelle Identität wahrt;
- die Achtung des Wertes europäischer Rechtsbindungen und der Rechtsprechung im Rahmen der in Europa anerkannten Menschenrechte;
- die Fähigkeit zum nachbarschaftlichen Miteinander und die Bereitschaft, Kompromisse bei der Verwirklichung der unterschiedlichen Interessen in Europa einzugehen;
- das Eintreten für Freiheit, Demokratie, Menschenrechte, Gerechtigkeit, wirtschaftliche Sicherheit und Frieden sowie
- die Absicht, zukünftige Entwicklungen verantwortungsvoll mitzugestalten und sich für die Sicherung bzw. einen Ausbau der Zusammenarbeit in Europa aktiv einzusetzen.

Zentrale Bereiche des Kompetenzerwerbs

Diese Kompetenzen und Einstellungen werden erreicht in der Auseinandersetzung mit zentralen Aspekten und Inhalten der europäischen Geschichte und des europäischen Einigungsprozesses.

Die Schülerinnen und Schüler

- erschließen die geographische Vielfalt des europäischen Raumes aus seinen naturräumlichen, sozialen und wirtschaftlichen Strukturen;
- vergleichen und schätzen die politischen und gesellschaftlichen Strukturen Europas vor dem Hintergrund ihrer Gemeinsamkeiten und Unterschiede;
- beurteilen die Bedeutung der europäischen Institutionen im Hinblick auf ihre Aufgaben und Arbeitsweise;
- setzen sich mit den prägenden geschichtlichen Kräften in Europa, vor allem mit der Entwicklung des europäischen Rechts-, Staats- und Freiheitsdenkens auseinander und ziehen Rückschlüsse auf aktuelle Entwicklungen und persönliche Handlungsoptionen;
- nehmen die Entwicklungslinien, Merkmale und Zeugnisse einer gemeinsamen europäischen Kultur in ihrer Vielfalt wahr und sind zu ihrem Schutz bereit;
- erkennen den kulturellen Reichtum der Vielsprachigkeit;
- würdigen die Geschichte des europäischen Gedankens und die Integrationsbestrebungen der Staaten Europas;
- erkennen die Notwendigkeit des Interessenausgleichs und des gemeinsamen Handelns in Europa zur Lösung wirtschaftlicher, ökologischer, sozialer und politischer Probleme innerhalb der europäischen Staaten und darüber hinaus;
- entwickeln ein Bewusstsein und die Bereitschaft für die erforderliche Mobilität im zusammenwachsenden Europa in Studium, Ausbildung und Beruf;
- werden sich der Bedeutung des eigenen Engagements für ein demokratisches Europa und eine friedliche Welt bewusst.

Partizipation imeuropäischen Alltag

Das Spannungsverhältnis zwischen diesen Inhalten und der Erfahrung ihrer Realität, wie sie in den Ländern Europas im Erleben von Grenzen und ihrem Wegfall, im kulturellen Angebot, im Tourismus, im Sport, im Konsum, zutage tritt, ist pädagogisch fruchtbar zu machen. Durch das Aufgreifen von Alltagserlebnissen sowie das Aufzeigen weit reichender Partizipationsmöglichkeiten sollen auch Vorurteile und Verunsicherungen überwunden werden, die im Prozess des Zusammenwachsens entstehen.

Europäische Identität

Ziel der pädagogischen Arbeit an Schulen muss es sein, in den jungen Menschen das Bewusstsein einer europäischen Identität zu wecken und zu fördern. Hierzu gehört auch die Vorbereitung der jungen Menschen darauf, ihre Aufgaben als Bürgerinnen und Bürger in der Europäischen Union aktiv wahrzunehmen.

3. Herausbildung eines Europäischen Bewusstseins in der Schule

Europa in der Schule

Zur Erschließung der europäischen Dimension in Unterricht und Erziehung sollen grundsätzlich alle Fächer und Lernbereiche der Schule einen Beitrag leisten. Die Lehrpläne und Bildungspläne der Länder enthalten dazu in differenzierter Weise konkrete Ziele und Themen sowie Hinweise auf geeignete Lerninhalte, zweckmäßige Arbeitsformen und wünschenswerte Einstellungen.

Schulpartnerschaften und europäische Bildungsprogramme

Die Zusammenarbeit im Rahmen von Schulpartnerschaften bzw. im Rahmen des Europäischen Bildungsprogramms kann hier wertvolle Beiträge leisten. Die Länder haben hier mit dem Pädagogischen Austauschdienst (PAD), der auch Nationale Agentur für das EU-Bildungsprogramm im Schulbereich ist, die entsprechende Einrichtung geschaffen. Diese Kooperationen dienen nicht nur der Erweiterung der europäischen, sondern auch der jeweils fachlichen und methodischen sowie der persönlichen Kompetenzen.

Grundschule

In der Grundschule wird die Thematik dort aufgegriffen, wo der Erlebnis- und Erfahrungshorizont der Schülerinnen und Schüler dies erlaubt oder neue Erfahrungsfelder im Rahmen besonderer Maßnahmen eröffnet werden können.

Weiterführende und berufsbildende Schulen

Für die weiterführenden sowie die berufsbildenden Schulen ergibt sich eine Vielzahl von Anknüpfungspunkten aus dem Angebot der Fächer im Pflicht- und Wahlbereich mit Möglichkeiten zu fachspezifisch vertieftem und fächerübergreifendem bzw. fächerverbindendem Arbeiten.

Europa im Fächerkanon1)

Die Auseinandersetzung mit Fragen Europas und seiner Entwicklung ist in allen Bildungsgängen verpflichtender Bestandteil der Fächer Geschichte und Politische Bildung sowie der Fächer mit geographischen, wirtschafts- und rechtskundlichen Inhalten.

Dabei geht es

Geschichte
- im Fach Geschichte um die Herkunft der europäischen Völker und Staaten und die Ursprünge der ihren Weg bestimmenden politisch-sozialen, weltanschaulichen und religiösen Bewegungen, Machtkämpfe, Ideen und Kulturschöpfungen sowie um die Geschichte der europäischen Integration;
Politische Bildung
- in der Fächergruppe der Politischen Bildung um die bestehenden und sich verändernden politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Abläufe und Ordnungssysteme, ihre Werte, Normen und Realitäten;
Wirtschaft / Recht
- in den Fächern mit wirtschafts- und rechtskundlichen Inhalten um die ökonomischen und rechtlichen Grundlagen insbesondere der Europäischen Union und den Interessenausgleich zwischen wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Zielen;
Geographie
- im Fach Geographie zuerst um den Raum Europa mit der Vielfalt seiner Landschaftstypen und seinen seit Jahrhunderten durch den Menschen geprägten Kultur-, Umwelt- und Wirtschaftsraum; des Weiteren aber auch um die weltweiten Wirtschaftsvernetzungen Europas und seine Rolle im Hinblick auf die globalen Herausforderungen unserer Zeit.

Die Befähigung zur Teilhabe am sozialen und wirtschaftlichen Geschehen in Europa gehört zu den vorrangigen Zielen des Unterrichts in Politischer Bildung und in den Fächern mit wirtschafts- und rechtskundlichen Inhalten.

Sprachen

Für die Erschließung der kulturellen Welt Europas haben die Sprachen eine zentrale Bedeutung. Der Deutschunterricht hat die besondere Verpflichtung und Möglichkeit, die Beziehungen zwischen der deutschen Sprache und Literatur und dem Umfeld der europäischen Sprachen und Literaturen aufzuzeigen. Das Erlernen von Fremdsprachen öffnet den Zugang zu anderen Sprachgemeinschaften. Dialog- und Kommunikationsfähigkeit sind Schlüsselqualifikationen über den Sprachenunterricht hinaus. Der Mehrsprachenerwerb wird deshalb für möglichst viele Schüler angestrebt. Besondere Bildungsangebote, vor allem bilinguale Unterrichtsformen, dienen dem Erwerb vertiefter Kenntnisse in den europäischen Sprachen und der Auseinandersetzung mit den europäischen Staaten und europäischen Partnern im Schulbereich. Auch den alten Sprachen kommt für ein vertieftes Verständnis des gemeinsamen europäischen Erbes große Bedeutung zu.

Weitere Fächer

Religion und Ethik, Philosophie, Mathematik, Naturwissenschaften und Technik, Kunst und Musik sowie Sport sind nicht auf die nationalen Kulturen reduzierbar, sondern repräsentieren übergreifende europäische Gemeinsamkeiten und sind somit Bestandteile der gemeinsamen Bildungstradition. Auf die aktiven Beiträge dieser Fächer zur Förderung des europäischen Bewusstseins kann nicht verzichtet werden, sie sind unabdingbare Bestandteile eines europäischen Gesamtkonzeptes in der Schule.

Schulischer Kontext

Über den Fachunterricht hinaus sollen weitere Möglichkeiten für die Erschließung der europäischen Dimension genutzt werden. Dazu bieten sich vielfältige Möglichkeiten im schulischen Kontext an:

Projekte
- Von besonderer Bedeutung sind Projekte mit europäischer Themenstellung, wie sie vielfach an Schulen erfolgreich praktiziert werden, z.B. im Rahmen eines jährlichen „Europatags“ am 9. Mai, des EU-Projekttages und der Europawoche. Dazu zählt auch die aktive Auseinandersetzung mit staatenübergreifenden Regionalprojekten, beispielsweise im Zusammenhang mit Aktivitäten der Euregios.
EU-Bildungsprogramme
- Empfohlen werden gemeinsame pädagogische Projekte mit Schulen aus den europäischen Staaten im Rahmen des Aktionsprogramms „Lebenslanges Lernen“. Die europäischen Bildungsprogramme COMENIUS (für Schulen) und LEONARDO DA VINCI (für berufliche Aus- und Weiterbildung) bieten dazu Anregungen und Hilfestellungen.
Internationaler Austausch
- Wichtig ist ferner der internationale Schüler- und Lehreraustausch, z.B. im Rahmen von Schulpartnerschaften, sowie der Austausch von Fremdsprachenassistenten. Er soll mit möglichst vielen europäischen Staaten gepflegt werden. Eine besondere Gelegenheit für pädagogische Kontakte und Arbeitsbegegnungen mit Partnern innerhalb Europas bieten die europäischen Bildungsprogramme für Lehrkräfte sowie bilaterale Vereinbarungen, während das UNESCO-Schulnetz entsprechende Primärerfahrungen in der ganzen Welt anbietet.
Umweltschulen - Schulen mit dem Schwerpunkt „Nachhaltige Entwicklung“
- Für die Zusammenarbeit in Umweltfragen und ein internationales Umweltbewusstsein setzt sich die Initiative „Umweltschule in Europa – Internationale Agenda 21 Schule“ des weltweiten Eco-Schools-Netzwerkes der Foundation for Environmental Education (FEE) erfolgreich ein. Die Mitgliedschaft deutscher Schulen eröffnet vielfältige neue Chancen für europäische und globale Schulpartnerschaften und Partnerschaftsprojekte im Sinne der Bildung für nachhaltige Entwicklung.
Wettbewerbe
- Der „Europäische Wettbewerb“ ist mit seinen jährlich durchgeführten Aktivitäten und Preisträgerseminaren ein wichtiges Instrument der praktischen Schularbeit über Europathemen und der Begegnung mit Teilnehmern aus den Staaten des Europarates und der Europäischen Union.
Besuche vor Ort
- Besuche von europäischen Einrichtungen, z.B. des Europäischen Parlaments und des Europarates tragen zu einem vertieften Verständnis europäischer Strukturen bei und fördern zugleich die unmittelbare persönliche Auseinandersetzung mit europäischen Fragestellungen.
Schülerinnen und Schüler aus verschiedenen Kulturkreisen
- Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund in den deutschen Schulen machen die Gemeinsamkeiten, Vielfalt, Nähe und Unmittelbarkeit Europas in besonderer Weise erfahrbar. Daher sollte Unterricht, wo immer möglich und sinnvoll, kulturübergreifend gestaltet werden und damit der Reichtum der Kulturen Europas auch unter Berücksichtigung der Sprachen - zum Ausdruck kommen. Gerade das gemeinsame Lernen fördert insbesondere die Fähigkeit zur Solidarität und zum friedlichen Zusammenleben unter den Europäern.
Rückkehrer aus dem Ausland
- Rückkehrer aus dem Lehrer-, Schüler- und Fremdsprachenassistentenaustausch sowie aus dem Einsatz an deutschen Auslandsschulen bringen ihre Erfahrungen als Botschafter und Multiplikatoren ein.

4. Empfehlungen zur Weiterentwicklung

Für die Weiterentwicklung des Lernbereichs „Europabildung in der Schule“ werden folgende Maßnahmen empfohlen:

KMK-Beschluss
- Umsetzung des Beschlusses der Kultusministerkonferenz über die „Europabildung in der Schule“ bei der Neufassung von Lehrplänen und von Bildungsstandards;
Modellversuche, Europaschulen
- Durchführung von Modellversuchen zur Förderung der „Europabildung in der Schule“ in Unterricht und Schule, ggf. unter besonderer Berücksichtigung der Europaschulen;
Lehrerausbildung
- Berücksichtigung der europäischen Dimension und von Fremdsprachenkenntnissen in der Lehrerausbildung (Studium, Vorbereitungsdienst);
Fort- und Weiterbildung
- Durchführung von Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen für Lehrkräfte zum Thema „Europa“ und zur europäischen Dimension im Unterricht, z.B. Förderung der Erweiterung von Fremdsprachenkenntnissen und von Primärerfahrungen in europäischen Nachbarstaaten;
Schulbuch
- Sicherung des Prüfkriteriums „europäische Dimension im Unterricht“ bei der Genehmigung von Lehr- und Lernmitteln;
Sprachenportfolio
- Förderung und Anwendung des Europäischen Referenzrahmens und des Europäischen Portfolios der Sprachen;
Bilingualer Unterricht
- Förderung des bilingualen Unterrichts;
Förderung von Projektarbeit
- Förderung der Projektarbeit zu europäischen Themen und mit europäischen schulischen Partnern.

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1) Es folgen allgemeine Bezeichnungen, die nach dem Schulrecht der Länder variieren.

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Eine Liste mit nützlichen Kontaktadressen zur Empfehlung der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland „Europabildung in der Schule“ (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 08.06.1978 i.d.F. vom 05.05.2008) wird im Sekretariat der Kultusministerkonferenz geführt. Sie kann eingesehen werden unter www.kmk.org/schule.

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