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Vorrangiges Jugendverfahren
Gem. RdErl. d. MJ u. d. MI v. 13.5.2015 - 4210-403.177 (Nds. MBl. Nr. 20/2015 S. 572) - VORIS 33311 -

1. Allgemeines

Dieser Gem. RdErl. regelt die Zusammenarbeit von Staatsanwaltschaft und Polizei zur Beschleunigung einzelner geeigneter Jugendstrafverfahren (Vorrangige Jugendverfahren).

Zur Eindämmung von Jugenddelinquenz ist es u. a. wichtig, dass auf das strafrechtlich relevante Verhalten von Jugendlichen und Heranwachsenden zeitnah eine staatliche Reaktion erfolgt. Dazu kann es insbesondere bei Mehrfachtäterinnen und Mehrfachtätern, aber auch in anderen Fällen, erforderlich sein, den gewöhnlichen Ablauf des Jugendstrafverfahrens durch gezielte zeitliche Straffung, u. a. in der Zusammenarbeit zwischen Staatsanwaltschaft und Polizei, besonders zu beschleunigen.

2. Zielgruppe

Ein Vorrangiges Jugendverfahren soll gegen solche jugendliche und heranwachsende Tatverdächtige durchgeführt werden, bei denen es aufgrund ihrer persönlichen Entwicklung und der Art, Schwere oder Anzahl der ihnen zur Last gelegten Taten möglich und geboten ist, umgehend auch strafrechtlich zu reagieren. Vornehmlich gehören hierzu Jugendliche und Heranwachsende, die bereits mehrfach strafrechtlich in Erscheinung getreten sind (sog. Schwellen- und Intensivtäterinnen und Schwellen- und Intensivtäter), Tatverdächtige besonderer Gewaltdelikte, insbesondere, wenn deren Opfer vor Wiederholungen geschützt werden müssen, oder Tatverdächtige, bei denen im Einzelfall die Gefahr besteht, durch ein kriminelles Umfeld in eine weitere Straffälligkeit abzugleiten.

3. Ablauf des Verfahrens

3.1 Liegt nach Einschätzung der Polizei ein Fall vor, der sich für die Durchführung eines Vorrangigen Jugendverfahrens eignet, so führt sie hierüber umgehend eine Abstimmung mit der zuständigen Dezernentin oder dem zuständigen Dezernenten der Staatsanwaltschaft herbei. Dabei wird auch der Umfang der Ermittlungen unter Berücksichtigung einer möglichen späteren Beschränkung des Verfahrensstoffes auf bestimmte leicht nachweisbare Taten erörtert. Stimmt die Staatsanwaltschaft der Durchführung eines Vorrangigen Jugendverfahrens zu, so setzt die Polizei die zuständige Jugendgerichtshilfe darüber in Kenntnis.

3.2 Die Polizei führt ihre Ermittlungen möglichst zügig durch und überbringt den Vorgang nach deren Abschluss der zuständigen Dezernentin oder dem zuständigen Dezernenten der Staatsanwaltschaft oder übersendet ihn per Fax. Die Akte wird mit einem Aufkleber „Vorrangiges Jugendverfahren“ versehen, der allen Beteiligten die Notwendigkeit einer vorrangigen Bearbeitung signalisiert.

3.3 Nach Prüfung der Schlüssigkeit des Strafvorwurfs stimmt die Staatsanwaltschaft umgehend - soweit dies möglich ist - mit dem zuständigen Jugendgericht einen möglichst zeitnahen voraussichtlichen Hauptverhandlungstermin ab. Die Staatsanwaltschaft wirkt darauf hin, dass zwischen der ersten verantwortlichen Vernehmung durch die Polizei und der Hauptverhandlung bei der erforderlichen Beachtung von Verfahrensvorschriften (Einlassungs- und Ladungsfristen) möglichst nicht mehr als sechs Wochen liegen.

3.4 Die Staatsanwaltschaft teilt den Hauptverhandlungstermin der Jugendgerichtshilfe sowie der Polizei mit. Sie bittet die Jugendgerichtshilfe, zeitnah einen Bericht zu erstellen.

3.5 Polizei und Staatsanwaltschaft unterstützen das Jugendgericht in dem Bemühen, die Durchführung der Hauptverhandlung innerhalb der Sechs-Wochen-Frist zu ermöglichen. Informationen sollen telefonisch, elektronisch oder per Fax ausgetauscht werden. Die Aktenweitergabe erfolgt direkt von Hand zu Hand oder durch Boten.

4. Schlussbestimmungen

Dieser Gem. RdErl. tritt am 13.5.2015 in Kraft und mit Ablauf des 31.12.2020 außer Kraft.

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An die
Generalstaatsanwaltschaften und Staatsanwaltschaften
Polizeibehörden und Polizeiakademie

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