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Dienstvereinbarung für den Einsatz des sonderpädagogischen Personals an allgemeinen Schulen zwischen Niedersächsischem Kultusministerium und Schulhauptpersonalrat beim Niedersächsischen Kultusministerium
Bek. d. MK v. 12.9.2017 - IB - Az (SVBl. 10/2017 S. 567)

Am 12.9.2017 ist die folgende Vereinbarung von Kultusminis - terin Frauke Heiligenstadt und Martin Grajetzky, Vorsitzender des Schulhauptpersonalrats im Niedersächsischen Kultusminis - terium, unterschrieben worden.

Vorbemerkung:

Eingeleitet durch die Einführung von Integrationsklassen und Regionalen Integrationskonzepten sowie gesetzlich verankert durch die Einführung der inklusiven Schule im Niedersächsischen Schulgesetz weitet sich der Einsatz des sonderpädagogischen Personals (Lehrkräfte, Pädagogische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter - siehe Anlage 1) zunehmend auf die allgemeinen Schulen (allgemein bildende Schulen - außer Förderschulen - sowie berufsbildende Schulen) aus.

Wesentlicher Einsatzbereich der Lehrkräfte (nach Anlage 1) ist das Erteilen von Unterricht. Einsatzbereiche des sonderpä dagogischen Personals an der allgemeinen Schule sind im Übrigen die Zusammenarbeit mit Lehrkräften im inklusiven Unterricht, die Beratung von Kolleginnen und Kollegen, Schulleitungen und Erziehungsberechtigten in sonderpädagogischen Fragen sowie weitere dem jeweiligen Berufsbild entsprechende, außerunterrichtliche Tätigkeiten.

Die Tätigkeiten des sonderpädagogischen Personals in allen Einsatzbereichen dienen der zieldifferenten und zielgleichen Förderung von Schülerinnen und Schülern mit Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung sowie der präventiven Förderung in der sonderpädagogischen Grundversorgung.

Es wird Folgendes vereinbart:

  1. Einsatzorte für das sonderpädagogische Personal sind alle allgemein bildenden und berufsbildenden Schulen sowie der Mobile Dienst.
  2. Für das sonderpädagogische Personal soll es höchstens zwei Einsatzorte geben. Ein dritter Einsatzort ist ausnahmsweise zulässig,
    -
    im Einvernehmen mit den Betroffenen oder
    -
    wenn anders die Beschulung einzelner Schülerinnen und Schüler mit Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung regional nicht gewährleistet werden kann.
    Ein Einsatz im Mobilen Dienst gilt im Sinne dieser Dienstvereinbarung als ein Einsatzort.
  3. Eine Teilabordnung soll grundsätzlich für die Dauer von einem Schuljahr erfolgen.
    Eine Änderung der Teilabordnung in Bezug auf den Einsatz - ort oder den Umfang darf während des laufenden Schuljahres nur erfolgen, wenn
    -
    der bisherige Bedarf am Einsatzort entfallen ist oder
    -
    ein an einer anderen Schule akut und in außergewöhnlichem Umfang aufgetretener Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung nicht anders gedeckt werden kann.
    Die Änderung der Teilabordnung ist bis zum Ende des laufenden Schulhalbjahres zu befristen.
  4. Bei sonderpädagogischem Personal, das an mehreren Einsatzorten tätig ist, soll ein Wechsel des Einsatzortes im Verlauf eines Schultages vermieden werden.
    Eine Ausnahme kann nur im Einvernehmen mit den Betroffenen erfolgen.
    Zur Dienst- oder Arbeitszeit pädagogischer Fachkräfte gehören auch Zeiten, die bei einem Wechsel des Einsatzortes entstehen (Wegezeiten).
  5. Beratung im Rahmen der sonderpädagogischen Versorgung ist ein fester Bestandteil des Aufgabenbereiches des sonderpädagogischen Personals. Zu den Gegenständen dieser Beratung im System Schule gehören u. a. die Arbeitsfelder Prävention, Förderung, Unterricht, Diagnostik und Therapie.
    Für die Beratung ist den Schulen innerhalb des Stundenkontingents der sonderpädagogischen Versorgung in den entsprechenden Erlassen ein angemessener Anteil zur Verfügung zu stellen.
  6. Zum Erhalt und zur Weiterentwicklung der fachlichen Expertise des sonderpädagogischen Personals ist die Teilnahme an Dienstbesprechungen und Fortbildungen der Regionalen Beratungs- und Unterstützungszentren für schulische Inklusion (RZI) von allen Schulleitungen zu gewährleisten. Dies gilt auch für vom zuständigen Förderzentrum organisierte Fortbildungen (SchiLF).
  7. Sollte eine Lehrkraft nach Anlage 1 an mehreren Einsatzorten tätig sein, so darf das Maß ihrer außerunterrichtlichen Tätigkeiten nicht das Maß der außerunterrichtlichen Tätigkeiten einer Lehrkraft übersteigen, die nur an einer Schule tätig ist. Die Schulleitungen der Einsatzorte einer Lehrkraft haben hierfür Sorge zu tragen und sich diesbezüglich abzustimmen.
    Sollte es im Einzelfall nicht vermieden werden können, dass zwei für die Lehrkraft / pädagogische Fachkraft wichtige, außerunterrichtliche Veranstaltungen gleichzeitig stattfinden, hat das sonderpädagogische Personal ein Vorschlagsrecht für die wahrzunehmende Veranstaltung. Die Entscheidung trifft die Schulleiterin oder der Schulleiter der Stammschule.
  8. Stunden von Lehrkräften nach Anlage 1 können zum Erhalt der Fachlichkeit in einem Unterrichtsfach nach Stundentafel unterrichtet werden. Dieser Fall tritt ein, wenn Stunden, die nicht für den sonderpädagogischen Unterrichtsbedarf notwendig sind, in der Schule verbleiben können und eine Abordnung für wenige Stunden vermieden wird.
  9. Die Dienstvereinbarung tritt zum 1.8.2017 in Kraft.
    Die Dienstvereinbarung kann von jeder Seite unter Einhaltung einer Frist von vier Monaten zum 31.7. eines jeden Jahres gekündigt werden.
    Änderungen der Vereinbarung bedürfen der Schriftform.

Bei der Umsetzung der einzelnen Bestimmungen dieser Vereinbarung sind die Beteiligungsrechte der Interessenvertretungen nach dem Nds. Personalvertretungsgesetz und dem Sozialgesetzbuch IX sowie der Gleichstellungsbeauftragten nach dem Nds. Gleichberechtigungsgesetz zu beachten.

Die Hinweise der Hauptvertrauensperson der schwerbehinderten Lehrkräfte (s. Anlage 2) sind zu beachten.


Anlage 1 zur Dienstvereinbarung

Fallkonstellationen „Sonderpädagogisches Personal“ im Landesdienst

1. Lehrkräfte

-
Lehrkräfte mit einer Lehrbefähigung für das Lehramt für Sonderpädagogik bzw. mit einer entsprechenden Lehrbefähigung eines anderen Bundeslandes, einer anerkannten ausländischen Lehrerausbildung für das Lehramt für Sonderpädagogik oder einer Ergänzungsqualifikation für das Lehramt für Sonderpädagogik
-
Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger für das Lehramt für Sonderpädagogik unter den Bedingungen des Quereinsteigererlasses in der für sie jeweils gültigen Fassung
-
Lehrkräfte mit einer anderen Lehrbefähigung, die nicht über eine Lehrbefähigung bzw. über eine Ergänzungsqualifikation für das Lehramt für Sonderpädagogik verfügen und die nach Nr. 12 (1) der Anlage 11 zu § 39 NBesG bzw. entsprechend der tarifrechtlichen Regelung zulagenberechtigt sind
-
zum Zeitpunkt des Abschlusses der Dienstvereinbarung an Förderschulen tätige Lehrkräfte, die unter keine der vorgenannten Kategorien fallen; dies sind z. B. Lehrkräfte, deren beamtenrechtliche Laufbahn geschlossen wurde, und auch tarifbeschäftigte Lehrkräfte aufgrund einer Einzelfallentscheidung

2. Pädagogische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

-
Pädagogische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als Fachkräfte für unterrichtsbegleitende Tätigkeiten und außerunterrichtliche Angebote in der Förderschule wie auch in der Inklusion
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Pädagogische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als Fachkräfte für therapeutische Unterstützung
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Pädagogische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als Fachkräfte für sozialpädagogische und soziale Arbeit im Förderschwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung

Anlage 2 zur Dienstvereinbarung

Hinweise der Hauptschwerbehindertenvertretung für den Einsatz von sonderpädagogischem Personal mit Schwerbehinderung und diesen gleichgestellten behinderten Menschen im Zuge der Umsetzung der inklusiven Schule gem. § 4 Niedersächsisches Schulgesetz (NSchG)

Gegenüber dem sonderpädagogischen Personal1 mit Schwerbehinderung und diesen gleichgestellten behinderten Menschen besteht eine besondere Sorgfalts- und Fürsorgepflicht. Diese Kolleginnen und Kollegen benötigen im Verhältnis zu ihren nichtbehinderten Kolleginnen und Kollegen einen höheren Einsatz an Energie, um gleichwertige Leistungen zu erbringen. Ein Einsatz an einer anderen Schule oder an mehreren Schulen kann für diesen Personenkreis behinderungsbedingt mit erheblichen Schwierigkeiten und Belastungen verbunden sein. Um einen reibungslosen und positiven Einsatz des sonderpädagogischen Personals mit Schwerbehinderung und diesen gleichgestellten sensibel zu gestalten, weist die Hauptschwerbehindertenvertretung auf folgende Sachverhalte hin und bittet um deren Beachtung2:

Grundsätzlich gilt, dass schwerbehinderte Beschäftigte nicht gegen ihren Willen versetzt, abgeordnet oder umgesetzt werden dürfen, es sei denn, dass zwingende dienstliche Gründe die Maßnahme erfordern. Richtlinien zur gleichberechtigten und selbstbestimmten Teilhabe schwerbehinderter und ihnen gleichgestellter Menschen am Berufsleben im öffentlichen Dienst vom 15.3.2016; Nds. MBl. 2016, S. 401 (nachfolgend: Schwerbehindertenricht - linien) Ziffer 6.6
Jede Angelegenheit, die einen einzelnen oder die schwerbehinderten Menschen als Gruppe betrifft, ist durch die Dienststelle frühzeitig mit der betroffenen Lehrkraft und der zuständigen Schwerbehindertenvertretung zu erörtern. Hierbei sind insbesondere die notwendigen Rahmenbedingungen der aufnehmenden Schule, wie z.B. Barrierefreiheit, sowie die individuellen Nachteilsausgleiche zu besprechen und deren Umsetzung zu klären. Notwendige Umbaumaßnahmen und/oder die Bereitstellung technischer Hilfsmittel für den Einsatz der bzw. des Beschäftigten mit Schwerbehinderung müssen rechtzeitig geplant und in Auftrag gegeben werden. Den Bedürfnissen der Kolleginnen und Kollegen mit Schwerbehinderung ist so weit wie möglich zu entsprechen. Soweit der Dienststelle ein Beurteilungs- oder Ermessensspielraum zusteht, soll dieser im Interesse der Beschäftigten mit Schwerbehinderung ausgeschöpft werden. Vgl. §§ 95 Abs. 2, 81 Abs. 4 Nr. 4 SGB IX Präambel Schwerbehindertenrichtlinien
Beschäftigte mit Schwerbehinderung haben unter Berücksichtigung der Behinderung und ihrer Auswirkungen auf die Beschäftigung grundsätzlich einen Anspruch auf behinderungsgerechte Gestaltung der Arbeitsplätze, des Arbeits umfeldes, der Arbeitsorganisation und der Arbeitszeit. Der Einsatz an mehreren Schulen erfordert ein hohes Maß an Flexibilität und Mobilität. Für Beschäftigte mit Schwerbehinderung ist dies eine zusätzliche Erschwernis und Belastung, die individuelle Zumutbarkeit ist zu beachten. Der Einsatz sollte sich daher aus Fürsorgegründen möglichst nur auf eine andere Schule beziehen. Vgl. § 81 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 SGB IX
Für den Einsatz an anderen Schulen werden insbesondere folgende Hinweise gegeben:
Zur Vermeidung zusätzlicher Belastungen durch längere Fahrzeiten soll das sonderpädagogische Personal mit Schwerbehinderung möglichst wohnortnah und / oder in unmittelbarer Nähe der Stammschule eingesetzt werden.
Förderschullehrkräften mit Schwerbehinderung soll in der aufnehmenden Schule bei Bedarf ein gut zugänglicher Raum oder ein abschließbarer Schrank zur Verfügung gestellt werden, in denen Unterrichts- und Fördermaterialien sowie Materialien zur Gutachtenerstellung gelagert werden können.
Sonderpädagogisches Personal mit Schwerbehinderung soll auf Wunsch von Pausenaufsichten befreit werden.
Vgl. § 81 Abs. 4 Nr. 4 SGB IX
Förderschullehrkräfte mit Schwerbehinderung sind auf ihren Wunsch nicht zu Vertretungsunterricht heranzuziehen, wenn die Art der Behinderung der betroffenen Lehrkraft eine Vertretungstätigkeit unzumutbar erscheinen lässt. Zudem werden Beschäftigte mit Schwerbehinderung auf ihr Verlangen von Mehrarbeit freigestellt. Schwerbehindertenrichtlinien Ziffer 6.1
Schwerbehindertenrichtlinien Ziffer 6.1 § 124 SGB IX
Insbesondere bei der Erstellung von Fördergutachten sind behinderungsbedingte Nachteilsausgleiche zu prüfen und zu gewähren. § 95 Abs. 2 SGB IX
§ 84 Abs. 1 SGB IX
Die Schulleitung der aufnehmenden Schule und die Schulleitung der Stammschule arbeiten in Angelegenheiten des sonderpädagogischen Personals mit Schwerbehinderung eng zusammen. Bei jeder Maßnahme, die eine oder mehrere Beschäftigte mit Schwerbehinderung betrifft, ist mit der Schwerbehindertenvertretung unverzüglich Kontakt aufzunehmen.
Das sonderpädagogische Personal mit Schwerbehinderung ist bei Qualifizierungsmaßnahmen der Dienststelle bevorzugt zu berücksichtigen.
Vgl. § 81 Abs. 4 Nr. 2 SGB IX
Schwerbehindertenrichtlinien Ziffer 7.3
1 Der Begriff des sonderpädagogischen Personals entspricht den in Anlage 1 zur Dienstvereinbarung für den Einsatz des sonderpädagogischen Personals genannten Fallkonstellationen.
2 Nach § 68 Abs. 3 SGB IX werden die besonderen Regelungen des SGB IX Teil 2 mit Ausnahme des § 125 und des Kapitels 13 auch auf gleichgestellte behinderte Menschen (§ 2 Abs. 3 SGB IX) angewendet. Nach Nr. 1.2 Schwerbehindertenrichtlinien gelten die Schwerbehindertenrichtlinien für schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 SGB IX).
Hauptvertrauensperson: Corina Robitschko, 0511 120-7040, E-Mail: corina.robitschko@mk.niedersachsen.de
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